Johannesburg
Johannesburg hat viele Namen: iGoli, iRhawutini oder einfach Joburg. Doch wie erkundet man eine Stadt, welche für eine hohe Kriminalitätsrate bekannt ist? Ich wählte einen der sicheren Wege: mit einer City Sightseeing Tour im Doppeldeckerbus. Dazu fuhr ich mit dem Auto Donnerstagmorgens zum Apartheitsmuseum, welches einen sicheren Parkplatz bietet. Für 150 Südafrikanische Rand (rund 11,50 Euro) bekommt man eine Fahrkarte die den ganzen Tag gültig ist und mit der man so oft man möchte ein-und aussteigen kann. Ich hatte den Bus zunächst für mich alleine und machte es mir auf dem oberen Deck in der ersten Reihe bequem, von wo man die beste Aussicht hat.
Durch meinen Start mitten in der Rundtour und etwas außerhalb konnte ich bei der Fahrt in die Innenstadt zunächst einen Blick auf die Skyline werfen.
Johannesburg ist eine Recht junge Stadt (vor 130 Jahren war hier noch nichts) und die einzige Metropole der Welt ohne direkten Zugang zu Wasser in Form eines Ozeans oder großen Flusses. Daher ist es umso beeindruckender, was hier aus dem Nichts geschaffen wurde. Eine wirkliche Altstadt fehlt natürlich.
Johannesburg ist gegründet worden, nachdem man Gold fand. Man ging nicht davon aus, dass es hier über das Anfängliche Zelt-Camp hinausgehen würde. Doch die Goldvorkommen waren größer als gedacht und so siedelten sich Minen-Gesellschaften an. Viele von diesen haben noch immer ihren Zweitsitz in Johannesburg und im alten Minen-Distrikt ist die Geschichte gut sichtbar.
Über die Nelson Mandela Bridge ging es weiter in den nächsten Stadtteil. Die Brücke ist dabei eine von drei großen, die Gleise des Hauptbahnhofes überspannende und wurde gebaut weil die anderen Überlastet waren. Der Verkehr in der Stadt ist sehr intensiv. Es sind viele der typischen „Taxis“ in Form von Kleinbussen unterwegs, welche an jeder Straßenecke halten und Leute aufsammeln oder ausladen. Von der Hupe wird generell sehr „kreativ“ gebrauch gemacht.
Es ging vorbei an der University of the Whitewatersrand, einer der bedeutendsten Bildungseinrichtungen. Hier wird dann auch wieder klar, dass man sich in einem anderen Land befindet: Ich habe bisher noch keine Uni mit Zugangskontrolle in Form von Schranken und Spikes gesehen…
Ein weiterer Halt war dann auf dem Constitution Hill. Einem Ort an dem die dunkle Vergangenheit auf die aktuelle Geschichte trifft: gegenüber einem ehemaligen Gefängnis für politische Gefangene befindet sich das Verfassungsgericht.
Weiter ging es durch die Stadt, durch enge Gassen und vorbei an kleinen Geschäften. Kurios fand ich, dass man hier möglichst kleine Blöcke gebaut hat um mehr Eckläden zu haben, welche sich besser und teurer vermieten lassen.
Am Carlton Centre stieg ich aus. Es ist das höchste Gebäude des Kontinents mit einer Aussichtsplattform auf der 50. Etage, genannt „Top of Africa“. Sehr gut fand ich, dass man von einem Mitarbeiter der City Tour am Bus aufgesammelt wurde. Er begleitete ein in die Aufzügen und erklärte einem was man da eigentlich grade sah. Außerdem brachte er einen pünktlich wieder zum nächsten Bus. So wurde einem, neben den hilfreichen Erklärungen was man sieht, auch das Gefühl von Sicherheit vermittelt. Dass die Aussicht über die Stadt phänomenal war, brauche ich wohl nicht erwähnen.
Wieder im Bus ging es vorbei am Abraum der ehemaligen Goldmienen. Durch neue Methoden zur Gewinnung und dem gestiegenen Goldpreis lohnt es sich, diesen Erneut zu durchsuchen und die alten Mienen teilweise wieder zu nutzen. Die Halden bilden eine Art Barriere zwischen dem Innenstadtbereich und den Vororten. Am Gold Reef City Casino, nahe dem Apartheitsmuseum und dem Freizeitpark, verließ ich den Bus. Von hier startete die gegen einen Aufpreis (250 Rand – in etwa 19 Euro) mögliche SoWeTo Tour.
SoWeTo bezeichnet die South Western Townships. Diese Vororte werden auch als der eigentliche Puls von Johannesburg bezeichnet. Die Tour fand im Kleinbus statt und neben dem Busfahrer war ein englischsprachiger Live-Guide mit dabei. Die Vororte wurden während der Apartheit als Siedlungen für die schwarze Bevölkerung genutzt. Man wollte hier keine permanenten Gebäude. Inzwischen leben hier Schwarze und Weiße nebeneinander. Flächenmäßig verhelfen die Vororte Johannesburg zu einer Ausdehnung von rund 100 mal 70 km.
Eine Besonderheit und ein geschichtsträchtiger Ort in SoWeTo ist mit Sicherheit das Hector Peterson Memorial. Hier eröffnete die (damals ausschließlich weiße) Polizei während einer Demonstration das Feuer auf (schwarze) jugendliche Schüler. Ein Bild ging um die Welt und ist auch hier am Denkmal gegenwärtig. Wir verließen den Bus und ein extra Guide erzählte, was damals hier passiert ist. Das auf dem Bild dargestellte Mädchen (wenn ich mich richtig erinnere) arbeitet heute übrigens im Museum, direkt nebenan dem Denkmal.
Ebenfalls in SoWeTo befindet sich die einzige Straße der Welt, in welcher zwei Nobelpreisträger wohnten: Nelson Mandela und Tutu. Tutu kaufte sich das Haus in der Straße, als Nelson Mandela bereits inhaftiert war. Nach seiner Freilassung lebte er aber für 11 Tage hier, so dass die beiden fast Nachbarn waren. Es war jedoch zu gefährlich für Mandela, so dass er schnell wieder ausziehen musste. In seinem ehemaligen Haus ist jetzt ein Museum untergebracht. Tutu wohnt noch hier.
Auch Frau Mandela wohnt noch im Viertel, einige Straßen weiter. Ihr Haus konnte man vom Highway aus sehen. Dem Guide nach ist es ein sehr gut gesichertes Gebäude, aber sie würde niemals hier wegziehen wollen.
Auf dem Rückweg besuchten wir noch kurz Walter Sisulu Square, einen Platz der als Geburtsort der Verfassung bezeichnet werden kann. Hier versammelten sich über 3000 Menschen um die „Freedom Charter“ zu verabschieden – 10 Grundsätze, welche heute die Grundlage Verfassung Südafrikas bilden.
Auf dem Rückweg erzählte der Guide noch etwas von der Geschichte Mandelas. Dann war diese zweistündige Zusatztour vorbei. Vom Casino aus konnte ich zum Apartheitsmuseum gehen und mit dem Auto zurück ins Hotel fahren.
Beide Touren, sowohl die City Tour als auch die durch SoWeTo, waren unheimlich interessant und informativ. Durch die Gegenwart der Guides hatte man auch keine Sicherheitsbedenken, wenn der SoWeTo Bus verlassen wurde. Man sollte halt einfach einige Grundregeln (Geld nicht sichtbar zeigen, etc.) beachten, dann kann ich diese Touren jedem in Johannesburg nur empfehlen.
Natürlich habe ich noch viele weitere Bilder gemacht und Eindrücke gewonnen. Leider würde das Zeigen und Beschreiben aber wohl den Rahmen des Blogs sprengen und daher habe ich mich auf einige Highlights beschränkt.
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